Würmer in der Wohnung? Wie verrückt ist das denn? Zugegeben – als wir das erste Mal gelesen haben, dass man in seiner Wohnung mit Hilfe einer Wurmkiste ganz einfach kompostieren kann, hielten wir die Sache für ziemlich abwegig. Würmer sind nicht gerade das, was man sich als angenehmen Mitbewohner vorstellt. Und einen Komposthaufen in der Küche – das stinkt doch fürchterlich! Oder etwa doch nicht?
Wir wollten es testen und sind Wurmeltern geworden. Als der Coronavirus mit all seinen Beschränkungen hereinbrach, war der richtige Zeitpunkt gekommen: das Experiment Wurmkiste konnte starten.
Eine Wurmkiste ist ein natürlicher Komposter für die Wohnung, der viele Vorteile bietet:
Der erste Schritt zur Wurmkiste ist die Entscheidung, welches Modell es sein soll. Wer handwerklich etwas begabt ist, kann die Kiste leicht selbst bauen. Für diejenigen mit zwei linken Händen (zu denen wir zählen – typische Büroheinis eben) gibt es fertige Bausätze, die man nur noch zusammenschrauben muss.
Uns hat die Wurmkiste von Wurmkiste.at am meisten angesprochen und wir haben uns für ein Modell mit Guckloch entschieden. Eigentlich ist das eher für Kindergärten gedacht, aber ein bisschen kindliche Neugierde kann auch einem Erwachsenen nicht schaden. Die Startpopulation von 500 Würmern bestellen wir gleich mit.
(Kein) Werbehinweis: Wir haben die Kiste selbst bestellt, bezahlt und haben keinerlei Auftrag vom Wurmkistenteam – der Artikel ist weder beauftragt, noch gesponsort. Damit ist der Testbericht tatsächlich unabhängig und entspricht unserer eigenen Erfahrung.
Nach der Bestellung sind wir ziemlich aufgeregt. Da die Wurmis aus Österreich kommen, müssen sie durch den Zoll und wir hoffen, dass man sie dort nicht zu lange festhält. Doch es geht alles ganz rasch und schon nach wenigen Tagen können wir unsere neuen Haustiere in Empfang nehmen.
Den gesamten Karton, in dem die Kleinen geliefert werden, kann man ihnen vollständig verfüttern.
Das Paket enthält die vorbereiteten Holzteile der Wurmkiste inkl. Schrauben und Leim. Die Erntekiste, in der die Würmer später gefüttert werden, eine Wurmteetasse zum Auffangen des Nassdüngers, eine Hanfmatte, eine Mineralmischung für den richtigen pH-Wert und natürlich die Würmer.
Die Gebrauchsanleitung ist sehr übersichtlich und enthält alle Informationen, die man zum Start des Wurmkiste benötigt.
Um die Kiste zusammenzuschrauben, benötigen wir ein paar Stunden – wenn man einen Akkuschrauber hat, geht es schneller. PapaMufflon hat alles mit eigener Muskelkraft erledigt. Das Holz haben wir mit Leinöl eingeölt. Der Zusammenbau ist auch von Nicht-Handwerkern gut zu bewältigen.
Als nächstes reissen wir eine grosse Kartonseite in kleine Schnipsel und machen sie gut nass. Den feuchten Karton geben wir auf den Boden der Kiste. Er dient den Würmern als erste Nahrung und als Versteck.
Jetzt kommt der grosse Moment. Wir geben die Würmer, die ihre Reise in einem weissen Säckchen gemacht haben, in die Kiste. Die Würmer kommen nicht ’nackig‘, sondern bringen eine Ladung Erde mit. Schon bald entdecken wir die ersten Tiere und auch ein paar Wurmkokons, aus denen bald Nachwuchs schlüpfen wird.
Wir geben ein paar Spritzer Wasser auf das Substrat und decken die Erde mit der Hanfmatte ab. Sie dient dazu, die Feuchtigkeit zu regulieren und verhindert, dass Fruchtfliegen sich nach Lust und Laune vermehren können. Statt der Hanfmatte kann man auch Zeitungspapier nehmen. Die Hanfmatte haben unsere Wurmis recht schnell in Beschlag genommen, sich in ihr eingenistet und sie angeknabbert. Da es ein gutes Zeichen sein soll, haben wir uns darüber gefreut.
Zum Eingewöhnen gönnen wir den Jungs und Mädels erst einmal ein paar Tage Ruhe.
Nach drei Tagen ist es soweit: die erste Fütterung steht an. Bei einer Startpopulation von 500 Würmern kann man ca. 100g pro Tag füttern. Wenn sich die Würmer vermehrt haben, kann man bei der Grösse unserer Wurmkiste nach ein paar Monaten 500g pro Tag füttern.
Den Anfang macht eine Bananenschale. Damit wir neben der Wurmpopulation nicht gleich noch eine Fruchtfliegenzucht starten, waschen wir die Banane vorher mit etwas Wasser ab. Die Schale wird klein geschnippelt, so können die Würmer und ihre Gehilfen es besser und schneller verwerten.
Füttern kann man fast alles, was an Biomüll anfällt. Apfelbutzen, Gemüseabfälle, Bananenschalen. Lediglich Zitrusfrüchte oder Rharbarber mögen sie nicht, weil der pH-Wert zu sauer ist. Auf keinen Fall geben darf man Fleisch oder Milchprodukte. Auch Brot oder Essensreste sind keine gute Idee.
Ein Teil des Futters soll aus Zeitungspapier bzw Kartonstücken bestehen. Die Würmer lieben und brauchen diese Fasern.
Ganz erstaunlich ist, dass es tatsächlich zu keinerlei unangenehmer Geruchsentwicklung kommt. Während der konventionelle Biomüll gefühlt nach Minuten einen widerlichen Gestank abgibt, duftet es in der Wurmkiste ganz fein nach Waldboden. Glauben tut man das wahrscheinlich erst, wenn man selbst mal seine Nase in einen Wurmkompost gehängt hat.
Die Würmer sind sehr pflegeleichte Haustiere. Wenn man ein paar Kleinigkeiten beachtet, fühlen sie sich wohl und man hat keine Schwierigkeiten.
So weit, dass wir Kompost ernten können, sind wir noch nicht. Dazu braucht es etwa ein halbes Jahr. Nach fünf Wochen Fütterung haben wir die sog. Erntekiste eingesetzt. Seither füttern wir wie gewohnt in diese Kiste hinein. Abdecken tun wir weiterhin mit einer Hanfmatte (inzwischen die zweite). Und nach ein paar Tagen haben sich tatsächlich schon die ersten Würmer ins obere Stockwerk getraut.
Ziel ist dass wenn die Kiste in einigen Monaten voll ist, alle Würmer in der oberen Kiste sind. Diese wird dann herausgenommen. Der unten befindliche fertige Humus kann entnommen (‚geerntet‘) werden und der Inhalt der Erntekiste wandert nun auf den Boden. Die Erntekiste kommt wieder obenauf und so weiter.
Wie es mit dem Ernten klappt und ob unsere Pflanzen mit dem Dünger abgehen wie Schmidts Katze, werden wir später berichten. Bislang haben wir einen seeeehr schwarzen Daumen. Bei uns überlebt an Pflanzen quasi nichts. Die Erwartungen an den Humus sind entsprechend gross…
Wie ihr bislang festgestellt habt, sind wir also ziemlich begeistert von der Wurmkiste. Doch gibt es auch Nachteile? Ja, aber keine, die unserer Meinung nach dagegen sprechen, sich eine Wurmkiste anzuschaffen.
Wir haben bislang (nach etwa 2 Monaten ab Start der Wurmkiste) immer noch unseren konventionellen Bioeimer, auch wenn er deutlich weniger gefüllt ist. Da wir im Winter gerne Orangen essen, werden wir auch nie ganz auf den Bioeimer verzichten können. Wenn einem diese kleine Einschränkung von Anfang an bewusst ist, weiss man worauf man sich einlässt. Uns stört es nicht.
Wir sind sehr zufrieden mit unserem Experiment und absolut begeistert, dass Wurmkompostierung in der Wohnung tatsächlich so unkompliziert funktioniert. Alle, die bisher mit der Idee geliebäugelt haben, möchten wir ermutigen, diese in die Tat umzusetzen. Ihr werdet es nicht bereuen!